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E I N  P R O B L E M  und seine Lösung                    Juli 1979.

 

Die Zeiten, in denen wir Jäger und Fischer aus dem Vollen schöpfen konnten, sind wie es scheint für immer vorbei.

 

Es ist erst wenige Dezennien her, dass in den Lochs Schottlands die Tagesstrecken in einer Grössenordnung zwischen 1oo und 4oo Forellen lagen und auf unseren Treibjagden zwischen 2oo und 5oo Kreaturen geschossen und zur Strecke gebracht wurden, wo grosse Welse in Stettin zu dem Alltäglichen gehörten, genau so wie die Lachse in Hamburg, Lübeck und Köln.

 

Mit der Abnahme der Beutetiere hat sich auch die ethische Einstellung der Jäger und Fischer zwangsläufig geändert und neue Werte gesetzt.

 

Alle Flüsse waren noch sauber. In meiner Jugend konnte man bei Lauenburg noch bis auf den Grund der Elbe sehen und viele Berufsfischer lebten aus dem Fluss.

 

Sauberes Wasser und Trinkwasser wird knapp auf der Welt und soll nach den Untersuchungen einer UNO-Kommission im Jahre 2ooo so knapp und kostbar sein wie die Energie.

 

In Skandinavien sind nach den Untersuchungen der Regierungen ca. lo ooo Seen durch das Abregnen von Industriegiften aus Mitteleuropa unfruchtbar geworden.

 

Müssen wir Fischer und Jäger bald sagen: "Es war einmal"?

Müssen wir alle mit einem Grauen an die Zukunft denken?

 

Fischer und Jäger zu sein bedeutet - wenn es nur jeder einsehen wollte - eine Unsumme und eine Last von Verpflichtungen und Aufgaben, wie sie eine sich rasend schnell negativ verändernde Umwelt mit sich bringt.

 

Eine artenreiche Tierwelt kann nur noch durch sehr intensive hegerische Tätigkeiten und Aktivitäten für die Nachwelt und unsere Kinder erhalten werden.

 

Innerhalb dieser Aktivitäten ist die Hege der Salmonidengewässer eine der diffizilsten Aufgaben, ausserdem sind die Salmoniden unter den Fischen am meisten gefährdet und stehen bereits in einigen Landesteilen auf der Aussterbeliste.

 

Sicher hat jedes Gewässer seine eigenen Probleme und Schwierigkeiten, die in seinem biochemischen Haushalt und Kreislauf liegen und in seinen Reaktionen auf äussere Einflüssse. Jede Veränderung in den Biotopen und ihrer Ökologien, jede Herausnahme eines ihrer Glieder hat tief greifende Folgen.

 

Alexander von Humboldt hat schon zu seiner Zeit gesagt: "Die Mannigfaltigkeit der Natur ist in der Wirklichkeit eine Einheit, wehe dem, der sie zerstört."

 

Die Gewässer haben auch, soweit es die Hege und den Besatz betrifft, eigene Probleme, wie schwierig und interessant sie sein können, möge das folgende Beispiel zeigen.

 

Der  Verein, dem ich angehöre, hat in der Heide zwei Bäche. An Fischen kommt die Bachforelle, die Regenbogenforelle, Meerforelle und die Aesche vor.

 

Unsere Bäche haben in der Vergangenheit durch Abwässer gelitten, wie alle anderen Gewässer auch. Das Vieh hat aus diesen Bächen nicht mehr getrunken. Inzwischen hat sich die Lage gebessert und die Viehtränken am Wasser werden wieder benutzt.

 

Trotz der Verbesserung der Wasserqualität ist es immer noch belastet. Wir bemerken es immer wieder an unseren Trockenfliegen, die äusserst schnell entfetten, nass werden und die Schwimmfähigkeit verlieren.

 

Zur Zeit sind die Kanuten zusammen mit den Schwarzfischern das grösste Problem unserer sich im Weichbild der Stadt Hamburg befindlichen Gewässer.

 

Das Nahrungsangebot, die Kleinfischfauna ist reichlich und immer noch vielseitig - die empfindliche Maifliege und einige Artverwandte sind selten geworden. Die Wasserflora ist reichhaltig, nur die Brunnenkresse haben wir anscheinend durch Verunreinigungen verloren. 

 

Weitere Schäden hatten wir durch das regelmässige Ausmähen von der Seite des zuständigen Wasser- und Bodenverbandes. In der Zukunft unterbleibt das Ausmähen.

 

In diesen Jahr hatten wir grosse Verluste bei der Wasserflora durch Hochwasser.

 

Die Sauerstoffsättigung und die chemischen Werte sind gut bis sehr gut.

 

Im Frühjahr haben alle Fische einen mehr oder weniger starken Befall von Blutegeln, das Gleiche trifft auf den Befall mit Kratzern zu.

 

Ich erwähne diese Einzelheiten, weil sie zur Beurteilung des angeschnittenen Themas wichtig sind.

 

Die Bachforellen entwickeln sich bis zum dritten Jahr rasch und sehr gut. Sie sind herrlich gezeichnet und in einem sehr guten Futterzustand bis zu einer Grösse von 25/28 cm. Grössere Fische sind schlanker und haben grosse Köpfe.

 

Die Magenstränge sind nicht mehr so prall gefüllt, wie es im Sommer und bei dem vorhandenen Futterangebot sein sollte. lm Gegensatz hierzu sind die Regenbogenforellen immer in einem besten Zustand und wohlgenährt.

 

Das Wesentliche scheint mir aber doch zu sein, dass in der Grösse über 2o cm nicht genug Fische vorhanden sind (Bachforellen), was früher der Fall war.

 

Ein Besatz mit Regenbogenforellen erfolgt nicht. Die Zugänge rekrutieren sich nur aus Fischen, die aus Teichanlagen entwichen sind.

Anscheinend vergrössert sich ihr Bestand und es werden auch grössere Exemplare gefangen. Leider dürfen sie über das Fanglimit hinaus zusätzlich mitgenommen werden, was ich für falsch halte.

 

Die Meerforellen werden sehr gehegt und wurden mit viel Mühe und grossem Erfolg von meinem Freunde Fritz Dannenberg wieder eingebürgert, nachdem sie ausgerottet worden waren.

 

Der Aeschenbestand hält sich anscheinend durch Naturverjüngung, allerdings setzt ein benachbarter Verein vorgestreckte Aeschenbrut aus. Die Aeschen wachsen gut ab und erreichen Grössen bis zu fast 5o cm und ca. 5 Pfund.

 

Der Mangel an grösseren Bachforellen kann an der Art der Befischung liegen. Es ist erlaubt, an den Unterläufen unserer Bäche, den längsten Abschnitten, mit Spinnern, Systemen und Streamern zu fischen, jenen einschneidenden Fleisch machenden Befischungsmethoden, die  zwangsläufig jede Spitze im Altersaufbau vorzeitig hinwegraffen und damit zu einer Negativentwicklung im Gleichgewicht des Altersaufbaus führen.

 

Bedauerlicherweise gibt es immer Sportfischer,die Gewässer als Selbstbedienungsläden zur Versorgung mit Edelfischen betrachten. Das Prädikat Sportfischer verdienen sie allerdings nicht.

 

Nach diesen Methoden befischte Gewässer haben keine großen Forellen, während im Gegensatz hierzu nur mit der Trockenfliege befischte Gewässer stets gute Bestände an grösseren Fischen haben. Beweise für diese Tatsache gibt es in Fülle und sie finden in den Streckenberichten der betr. Gewässer ihren Niederschlag.

 

Der Einwand, dass man ältere Forellen nur selten mit der Trockenfliege zur Strecke bringen kann, entkräftigt die Praxis genau so wie den Einwand, dass grössere Forellen ihre Nachkommen als Beute nehmen und damit dem Gewässer schaden. Der Kannibalismus bei Forellen ist selten und auch nur bei ganz grossen Exemplaren etwas ausgeprägter.

 

Dies bestätigen immer wieder die Magenuntersuchungen. Ich fische seit meinem 6 Lebensjahr und untersuche seit 30 Jahren die Magenstränge meiner Fische. In dieser ganzen Zeit habe ich viel Forellen gefangen, die sich auf eine bestimmte Beute spezialisiert hatten, was sicher mit ihrem Standort in einen Zusammenhang gebracht werden kann.

 

Nur in einem Fall habe ich bei einer ca. 30 cm grossen Regenbogenforelle Kannibalismus festgestellt. Diese Forelle hatte mehrere Kiefer anderer Forellen in ihrem Magen, erstaunlich war, dass diese Kiefer alle von um und über 20 cm grossen Forellen stammten, also sehr grossen Beutetieren.

Diese Forelle war wohlgenährt, hatte ein tief gespaltenes Maul und einen grösseren Kopf.

 

Die zweite mögliche Ursache für das angeschnittene Problem mag in der dominierenden Hege der Meerforellen liegen. Ich freue mich über den Erfolg, den die Meerforellenhege bei uns hat, aber deshalb können wir uns doch nicht vor Problemen, die sie ev. mit sich bringt, verschliessen.

 

Sollte durch sie ein Vakuum an Bachforellen entstehen, so geht es doch darum, dieses Vakuum wieder aufzufüllen und dies geht wiederum nur mit einer Forellenart, die durch ihre Eigenschaften dazu in der Lage ist, wie z.B. die Regenbogenforelle.

 

In Skandinavien und England halten Flüsse mit Lachsen und Meerforellen nur geringe Bestände anderer Salmoniden wie Bachforellen und Aeschen, trotz regelmässiger Bestandsaufstockungen mit ihnen.

 

Es ist bewiesen, dass in derartigen Gewässern die Bachforellen speziell in ihrer Verbreitung unterdrückt und untergeordnet werden. Die Grossalmoniden behaupten durch ihre Grösse schon zwangsläufig die Spitze der Rangordnung in dieser Gattung wenn alle Unterarten mit ihnen zusammen in einem Wasser vertreten sind.

 

Gehen die Lachs- und Meerforellenbestände zurück, erholen sich die Bach- und Aeschenbestände rasch, wachsen dagegen die Bestände von Lachs und Meerforelle wieder durch intensive Hege und Aussetzen, gibt es eine entgegen gesetzte Entwicklung.

 

Über die Gründe rätselt die Fachwelt, aber anscheinend liegt die Ursache doch darin, dass die Grossalmoniden einen erheblich grösseren Lebensraum benötigen und dadurch den Lebensraum der Bachforellen und Aeschen so einengen, dass Vorkommen und ihre Population in dem betr. Gewässer gefährdet ist, bzw. sich immer nur in einem bestimmten Verhältnis zur Masse der Lachse und Meerforellen befindet.

 

Die Bachforelle, die viel Ruhe und noch mehr Schutz benötigt, gerät, wenn sie verdrängt wird und keinen ihr zusagenden  Schutz findet, in Stressituationen, die nach Dr. Wehrmann ihren biochemischen Haushalt und Stoffwechsel verändern und damit lebensbedrohend werden können.

 

Die Meerforelle steht ca. ein halbes Jahr in unseren Bächen um dann bekanntlich ins Meer zurück zu wandern. Sie paaren sich fruchtbar mit der Bachforelle,  was  bei der nahen Verwandtschaft verständlich ist.

 

Damit bin ich bei der dritten möglichen Ursache für unsere Probleme, denn die Meerforelle ist dominant in der Vererbung ihrer Eigenschaften. Die Kreuzungsprodukte erben ausser dem Vorzug der Frohwüchsigkeit auch den für uns ungünstigen Wandertrieb.

 

Im weiteren Verlauf der Kreuzung und Vermehrung werden die Eigenschaften der Bachforellen immer weiter reduziert und verdrängt, so daß der Bestand reinblütiger Bachforellen immer kleiner wird.

 

Erschwerend kommt hinzu, dass wir auch noch mit Fischen aus dem eigenen Wasser zusätzlich vermehren, also mit Fischen die ev. schon nicht mehr reinrassig sind.

 

Der Meerforellen-Nachwuchs wandert in einer Grösse von ca. 25/28 cm ins Meer zurück, genau in jener Gösse, bei welcher anschliessend bei uns die Lücke in Erscheinung tritt.

 

Aus den geschilderten Fakten heraus habe ich den Vorschlag gemacht, die vorhandene Lücke mit Regenbogenforellen zu schliessen.

 

Dieser Vorschlag betr. auch nur die unteren Streckenabschnitte unserer Bäche bis zu Wehren, die dem Aufsteigen der Meerforellen eine Grenze setzen. Die oberen Bereiche sind und müssen allein der Bachforelle vorbehalten bleiben.

 

Mein Vorschlag wurde nicht angenommen, weil man in anderen Vereinen mit dem Besatz von Regenbogenforellen negative Erfahrungen gemacht hat.

 

Meistens liegt so ein Misserfolg an einer Unkenntnis der Möglichkeiten,

denn wenn man Besatzfische aus einer falschen Zucht verwendet kann es

durchaus zu Fehlschlägen kommen.

 

Die Argumente für die Ablehnung waren, sie verdrängt die Bachforelle, sie sei schneller als die Bachforelle und nähme ihr daher die Nahrung, ausserdem wandert sie ab.

 

Sicher ist sie ein Nahrungskonkurrent der Bachforelle. Da sie aber in den meisten Fällen einen anderen Standort bevorzugt, nämlich die freiere Strömung, entfällt dieses Argument, besonders wenn es sich darum handelt, ein Vakuum zu füllen, dass von der Bachforelle aus den geschilderten Gründen nicht ausgefüllt werden kann.

 

Fehlschläge mit dem Besatz von Regenbogenforellen sind auch schon seit vielen Jahren nicht mehr nötig, denn die Richtlinien und Kriterien moderner Zucht von Regenbogenforellen wie Frohwüchsigkeit und Standorttreue sind bereits seit vielen Jahren voll durchgeschlagen. Wir haben seit geraumer Zeit absolut standorttreue und frohwüchsige Zuchten und Stämme.

 

Die Bezugsquellen kann man bei den Ämtern für Binnenfischerei der Landesregierungen erfahren.

 

Von dem Borne brachte in den achtziger Jahren die ersten Regenbogenforellen nach Deutschland. Seine damaligen Einbürgerungsversuche schlugen fehl, weil er eine Regenbogenforellenvarietät importierte, die zu denen mit dem Wandertrieb gehörte.

 

Später wurden dann weitere Formen der Regenbogenforellen eingeführt u.a. die Stahlkopf- und die Shastaforelle. Von diesen Varietäten hatte die Stahlkopfforelle ebenfalls den Wandertrieb ins Meer, um gleich den Meerforellen zum Laichen in die Flüsse zu kommen. Die Shastaforelle dagegen ist standorttreu.

 

Beide Arten wurden anfangs gekreuzt, um die höhere Frohwüchsigkeit der Stahlkopfforelle mit der Standorttreue der Shastaforelle zu koppeln. Leider war die Stahlkopfforelle in der Vererbung ihrer Eigenschaften dominant und hat damit ihren Wandertrieb in die neue Züchtung eingebracht.

 

Hierin liegt die Ursache für das Scheitern des Besatzes mit Regenbogenforellen in der Vergangenheit.

Inzwischen hat sich diese Frage gründlich zum positiven für uns verändert, denn das Manko wurde wie bereits erwähnt konsequent und zielbewusst verdrängt und herausgezüchtet.

 

Ich fische seit 56 Jahren und habe viele Gewässer befischt, in denen beide Arten gleichzeitig und mit viel Erfolg vertreten waren. Es liegt wie gesagt nur am richtigen Besatz. Ich plädiere absolut in gewissen Fällen für die Verwendung der Regenbogenforelle in den unteren Bereichen der Forellenregionen und in der Aeschenregion und präzisiere daher nochmals ihre Vorteile.

 

1. Der nachteilige Wandertrieb wurde herausgezüchtet.

 

2. Bei gleichem Futterangebot hat sie erheblich höhere Wachstumsraten

   mit über 100 % gegenüber der Bachforelle.

 

3. Die Futterausnutzung ist daher wesentlich grösser.

 

4. Sie bringt deshalb im Schnitt doppelt so hohe Stückgewichte in den

   gleichen Altersstadien wie vergleichsweise die Bachforelle.

 

5. lhre bevorzugten Einstände liegen mehr im Strömungsbereich und

   überschneiden sich daher nur bedingt mit denen der schutzbedürftigen

   Bachforelle. Sie aktiviert damit Wasserbereiche, die vorher keiner

      so hohen Ausnutzung unterlagen.

   Damit wird eine höhere Besatzdichte und eine höhere Ausnutzung der

   Produktionskraft des betr. Baches oder Flusses erreicht, sofern die

   Kleinfauna das Fundament der Futtergrundlage, dies zulässt.

 

6. Sie ist erheblich robuster gegen Verschmutzung, Sauerstoffmangel und

   höhere Wassertemperaturen.

 

7. Ihre Laichzeit liegt später, Kreuzungen mit der Bach- und

   Meerforelle werden dadurch ausgeschaltet bzw. reduziert.

 

8. Zuletzt zählt als weiterer Pluspunkt für ihre Verwendung ihre

   grössere Kampfkraft. Sie bietet den besseren Sport.

 

Diese Erfahrungs-Äusserungen von mir, tun meiner Vorliebe für Bachforellen und meinem Einsatz für ihre Erhaltung wie auch der Meerforelle nicht den geringsten Abbruch.  Wir müssen doch flexibel sein und uns nach den Notwendigkeiten richten. Alle angeführten Punkte sind Fakten, die der Regenbogenforelle auch in Fliessgewässern die Zukunft öffnen. Sie ist die anpassungsfähigste und damit lebenstüchtigste Forellenart.

 

                                            

 

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